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Nashörner - vom Aussterben bedroht

Nashörner oder Rhinozerosse, wie sie auch heißen, gibt es seit fast 50 Millionen Jahren. Sie haben Eiszeiten überlebt. Aber inzwischen sind zwei der insgesamt fünf Arten, das Java- und das Sumatra-Nashorn, fast ausgerottet. Und die übrigen drei sind gefährdet: das Panzernashorn in Asien und das Breitmaul- und Spitzmaulnashorn in Afrika.
Insgesamt gibt es heute weltweit noch etwa 27.000 Nashörner. Die meisten leben in Afrika und dort zum größten Teil in Südafrika.
Nach Angaben des WWF (der Natur-und Tierschutzorganisation mit dem Panda als Symbol) waren es im Herbst 2023 in ganz Afrika 16 800 Breitmaulnashörner und über 6000 Spitzmaulnashörner.
Während der Corona-Pandemie gingen wegen der Ausgangsbeschränkungen die Wildererzahlen kurz zurück. Aber schon 2023 hatte die Jagd auf das begehrte Horn wieder zugenommen.
Im Kruger-Nationalpark ist wegen verbesserter Schutzmaßnahmen die Zahl der getöteten Tiere endlich gesunken. Aber leider haben Wilderer gerade ein neues Revier entdeckt – die Provinz kwaZulu-Natal an der Ostküste Südafrikas mit zahlreichen Wild-und Naturreservaten.
Südafrika - eine Art Hotspot für Wilderer
Warum ist das so?

Zum einen, weil es hier noch vergleichsweise viele Nashörner gibt. Daneben gibt es Gründe, die tiefer liegen.
Südafrika ist ein Land, das die Folgen der menschenverachtenden Apartheid noch längst nicht überwunden hat. Apartheid nennt man die strenge Rassentrennung zwischen Weißen und Nicht-Weißen.
Viele Jahrzehnte lang hatte eine kleine weiße Minderheit die Macht. Menschen mit dunkler Hautfarbe wurden verachtet, ausgegrenzt, schikaniert, vertrieben und viele sogar getötet.
Wer als „schwarz“ eingestuft war, durfte nur außerhalb der Städte und in bestimmten Gebieten wohnen, durfte nicht wählen, keine Schulen oder Krankenhäuser für Weiße besuchen, nicht in deren Bussen fahren, sich nicht auf eine für Weiße reservierte Parkbank setzen. Sogar die öffentlichen Toiletten waren streng getrennt.
Die Apartheid wurde in Südafrika abgeschafft, heute ist das Land eine Demokratie. Aber noch immer sind die meisten schwarzen Einwohner viel ärmer als die Weißen und von Arbeitslosigkeit, schlechten Bildungschancen und Hunger betroffen. In den Townships, den ärmlichen Wohngebieten um den Kruger-Park herum, liegt die Arbeitslosigkeit bei bis zu sechzig Prozent. Der Jahreslohn von zweitausend Euro reicht kaum für Essen oder Miete. Andererseits gibt es inzwischen auch schwarze Unternehmer und Politiker, die zu den reichsten Einwohnern Südafrikas gehören.
Die Bevölkerung wächst ständig. Der Anteil der unter fünfzehn Jahre alten Kinder und Jugendlichen liegt bei fast dreißig Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit ist sehr hoch. Die Krankheit Aids ist in Südafrika weit verbreitet und fordert viele Opfer. Betroffene sind nicht nur auf teure Medikamente angewiesen.
Auch andere, praktische Probleme erschweren den Alltag der Menschen und belasten die Wirtschaft. Zum Beispiel funktioniert der staatliche Stromversorger „Eskom“ schlecht. Unter anderem, weil die Kohlekraftwerke veraltet sind und schlecht gewartet. Das hat jahrelang jeden Tag dazu geführt, dass stundenlang der Strom ausfiel. Zur Zeit gibt es verlässlichen Strom, aber niemand weiß, wie lange.
Wildtiere – Nahrung und Geld
Natur und Wildtiere bedeuten für arme Menschen in den Townships am Rand der Reservate nicht unbedingt etwas, was man schön findet oder schützen will. Das eigene Überleben ist wichtiger: Tiere sind Nahrung, Bäume bedeuten Feuerholz und Nashörner bringen Geld. Außerdem dürfen reiche Hobbyjäger aus dem Ausland einreisen und für viel Geld die Erlaubnis kaufen, auf Trophäenjagd zu gehen.
Sie töten nicht nur Nashörner, sondern auch Löwen, Elefanten und anderes Großwild, um sich ihre Wohnzimmer mit Hörnern, Stoßzähnen oder Fellen zu schmücken. Das finden nicht nur viele Bewohner in den Townships ungerecht und unverständlich.
Es gibt eine hohe Kriminalität im Land: Morde, aber auch Einbrüche, Diebstähle, Überfälle sind an der Tagesordnung. Jeder Tourist wird entsprechend gewarnt, und auch die Menschen in Südafrika müssen vorsichtig sein und sich schützen.
Dazu kommt, dass Korruption, also Bestechlichkeit bis in höchste Ebenen verbreitet ist. Politiker, Polizisten, Richter und Staatsanwälte lassen sich kaufen und tun, was ihre heimlichen Geldgeber verlangen. So wurden die beiden Anführer der südafrikanischen Wilderer-Mafia nach jahrelangen geheimen polizeilichen Ermittlungen - das Projekt „Broadbill“ – zwar tatsächlich verhaftet. Aber dann kamen sie auf Kaution, also gegen eine hinterlegte Geldsumme frei. Die Männer standen nie vor Gericht. Sie tauchten in den Untergrund ab und entwickelten neue Ideen, um ihr gewissenloses Geschäft fortzusetzen.
Und nicht zuletzt spielen die nationalen und internationalen Wilderer-Syndikate eine machtvolle Rolle. Für diese kriminelle Organisationen zählt allein der Gewinn, sie lassen rücksichtslos morden. Die Mittelsmänner der Bandenchefs speisen die einfachen Wilderer, die meistens aus den Townships stammen, mit Brosamen, mit Krümeln ab.
Die Probleme liegen aber nicht nur in Südafrika
Sehr viel illegales Geld wird mit Nashorn-Horn auch in asiatischen Ländern verdient, besonders in Vietnam und China. Zwar ist der internationale Handel mit dem Horn verboten. Aber es wird in großen Mengen per Schiff oder Flugzeug nach Asien geschmuggelt und heimlich verkauft, in kleinen Geschäften oder über das Internet. Viele Menschen dort glauben, dass Nashornpulver gegen Krebs, Nasenbluten und Schlaganfälle hilft. Sie kaufen es als traditionelle Medizin.
Außerdem gilt das Rhinozeros-Horn als Statussymbol. In vielen Ländern der Welt gibt es Leute, die mit teuren Luxusuhren oder großen schnellen Autos ihren Reichtum zeigen wollen. In China macht man das zum Beispiel mit Schmuck oder anderen Gegenständen aus Nashorn-Horn.
Und genau wie in Südafrika stecken auch in Vietnam und China kriminelle Organisationen hinter diesem verbotenen Handel und beherrschen den Schwarzmarkt.
Was kann man tun?
Auf der Seite des Kruger-Nationalparks versucht man mit Waffen, die Wilderei zu stoppen. Aus Rangern wurden besonders trainierte Kämpfer, die täglich ihr Leben riskieren und es dabei viel zu oft verlieren. In dem riesigen Reservat, das fast so groß ist wie Belgien, verhaften sie jährlich hunderte von Wilderern. Diese werden auch von einem extra geschaffenen Gericht vor Ort zu Gefängnisstrafen verurteilt. Aber die Nashorn-Syndikate stört das nicht, es gibt genügend Nachwuchs.
Mit Helikoptern und mit Hundestaffeln wird aus der Luft versucht, Wilderer möglichst rechtzeitig zu entdecken und festzunehmen – bevor sie ein Nashorn töten, aber auch wenn sie versuchen zu flüchten. In den Hubschraubern fliegen Ranger mit speziell trainierten Hunden mit, die mit Fallschirmen abspringen und dadurch viel schneller vor Ort sind als zu Fuß oder mit Fahrzeugen.
Eine Antiwilderer-Firma, die in zwei der privaten Schutzgebiete neben dem Kruger-Nationalpark arbeitet, geht einen anderen Weg. Mit Hilfe eines modernen Überwachungssystems überwacht man das Gelände und kontrolliert auch die eigenen Leute. Über ein Netz von Informanten erfahren die Ranger von geplanten Wilderer-Einsätzen. Ihr Ziel ist es, die Wilderer zu verhaften, bevor sie in das Reservat eindringen. Gleichzeitig finanziert diese Firma die Wasserversorgung in der angrenzenden Gemeinde. Damit sollen dort eines Tages die Felder bewässert werden und ein landwirtschaftliches Projekt entstehen, das den Menschen Arbeit und Nahrung sichert. Man hofft, dass dann die örtlichen Wilderer ihre Waffen abgeben.
Zum Schutz das Horn kürzen
Tatsächlich wird in einigen kleineren Schutzreservaten, aber auch im Kruger-Park Nashörnern das Horn gekürzt. Das muss alle zwei Jahre wiederholt werden, ist sehr aufwendig, teuer und nicht immer gefahrlos für die Tiere, aber sie sind dann für Wilderer nicht mehr interessant.
Und es gibt noch viele weitere Ansätze: zum Beispiel KI-Tracker, eine Art Fußbereifung, die am Bein der Nashörner befestigt wird und mit Hilfe künstlicher Intelligenz funktioniert. Sie erlernt die Bewegungsmuster des jeweiligen Tieres und schlägt Alarm, wenn es sich ungewöhnlich verhält. Ranger können so schnell reagieren.
Wissenschaftler an einer südafrikanischen Universität spritzen Nashörnern eine radioaktive Substanz ins Horn. Falls das Tier gewildert und das Horn ins Ausland geschmuggelt wird, könnte es bei Kontrollen - etwa an Flughäfen - mit Hilfe von Strahlendetektoren entdeckt und aus dem Verkehr gezogen werden.
Ein radikal anderer Ansatz ist die Idee, den Handel mit dem Horn zu erlauben. Man will Nashörner züchten, ihnen ein Stück Horn abschneiden und das legal verkaufen. Bisher ist ja der internationale Handel verboten.
Nashornhandel erlauben?
Private Nashornzüchter fordern, dieses Verbot aufzuheben. Am bekanntesten ist der Unternehmer John Hume. Hume hatte vor über dreißig Jahren in großem Umfang mit der Zucht von Nashörnern begonnen. In seiner weltgrößten Nashornfarm im Nordwesten Südafrikas lebten mehr als 2000 Tiere. Das sind ungefähr zwölf Prozent der geschätzten noch wild lebenden Breitmaulnashörner auf der ganzen Welt.
Tierschutzorganisationen kritisieren diese Forderung entschieden. Sie lehnen jeglichen Handel mit Nashorn ab. In der Tat weiß niemand, wie man einen solchen Markt kontrollieren könnte. Das heißt, wie man zum Beispiel zuverlässig gewildertes von gezüchtetem Horn unterscheiden könnte. Außerdem befürchten sie, dass die Nachfrage in Asien so hoch ist, dass es gar nicht genug legales Horn gäbe- die Wilderei würde sich also weiterhin lohnen und viel Geld in kriminelle Hände bringen.
John Hume hat inzwischen aus finanziellen Gründen seine Farm versteigert. Neue Besitzerin ist die Naturschutzorganisation „African Park“. Sie verspricht, die Tiere in den nächsten zehn Jahren in geschützten Gebieten in Afrika auszuwildern. 2024 wurde damit begonnen. Eine Gruppe von Breitmaulnashörnern hat zum Beispiel in einem gut geschützten privaten Wildreservat, etwa 100 Kilometer nördlich von Johannesburg, jetzt ein neues Zuhause: 210 Quadratkilometer Gras- und Steppenlandschaft.
